Niederdorf, Zürich, ca. 1980. Foto: Comet Photo AG, Bildarchiv ETH-Bibliothek

Die gewachsene Stadt als wertvoller Lebensraum wurde in den 1970er-Jahren wiederentdeckt. Die Stadtbevölkerung wehrte sich gegen die weitere Zerstörung von Siedlungsstrukturen und gegen den Bau von neuen Hochleistungsstrassen. Raumplanung, Städtebau und Architektur waren von den Visionen des grossen Stadtumbaus abgekommen, es begann die Zeit der Stadtreparatur und Aufwertung des Bestandes. Einkaufsstrassen und Altstädte wurden vom Verkehr befreit, historische Gebäude erneuert statt abgerissen. Auf Brachen und Restparzellen entstanden neue Bauten, die sich am Bestand orientierten. Das Bonmot der Zürcher Stadträtin Ursula Koch «Die Stadt ist gebaut» fasst dieses Umdenken hin zum Entwurf im Kontext in vier Worten zusammen.

Nachdem den Planungsbüros in den Boomjahren durch übervolle Auftragsbücher kaum Zeit zur Reflexion blieb, wurde nun wieder mehr Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit gelegt. Die Aufgaben wurden kleiner und die Beschäftigung mit der Geschichte und der Umwelt liess einen spielerischen Umgang mit den architektonischen Elementen aufkommen. Historische Zitate, starke geometrische Formen und leuchtende Farbkonzepte waren Ausdruck einer – in der Schweiz eher gemässigt ausgeprägten – postmodernen Haltung. Andere Antworten auf die Fragen der Zeit schlugen sich in Strömungen wie der High-Tech- oder der Öko-Architektur nieder. In den verschiedenen Landesteilen etablierten sich je eigene regionale Tendenzen, die sich an den lokalen Bautraditionen oder am benachbarten Ausland orientierten.

Wichtige gesellschaftliche Trends waren die Partizipation und das Selbermachen. Genossenschaften und Vereine schufen Gelegenheiten zur Mitwirkung und zum Austausch. In Arbeitsgruppen und an Treffen wurde miteinander über Wünsche, Anliegen und Möglichkeiten diskutiert. Gemeinschaftsräume, Innenhöfe und breite Gänge sollten Platz für mehr Austausch bieten. Das Selbst-Hand-anlegen wurde populär: 1973 eröffnete in Spreitenbach AG die erste IKEA-Filiale ausserhalb von Skandinavien und veränderte den Möbelmarkt radikal. Für Menschen, die ihr handwerkliches Geschick noch stärker einsetzen wollten, entstanden Überbauungen, bei denen die neuen Eigentümerschaften ihren Innenausbau vollständig selbst übernehmen konnten.

Robinsonspielplatz, Bassersdorf, 1974. Foto: Heinz Baumann, Bildarchiv ETH-Bibliothek